
Funktionelle Neurochirurgie
Die Funktionelle Neurochirurgie ist der jüngste Sektor der Neurochirurgie. Sie ist aus einem zunehmenden Verständnis der Hirnfunktionen und der Kommunikation verschiedener Hirnareale untereinander entstanden. Ihre Anwendung wurde jedoch erst durch die Weiterentwicklung hochauflösender Techniken in der Bildgebung, Datenverarbeitung und Computer assistierter Operationsplanung ermöglicht.
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Funktionelle Neurochirurgie
Die Klinik für Neurochirurgie bietet Ihnen mehrmals wöchentlich am Standort Campus Charité Mitte Spezialsprechstunden mit dem Schwerpunkt Funktionelle Neurochirurgie an. Es erfolgt in dem Bereich auch eine enge Zusammenarbeit mit der Klinik für Neurologie.
Sie können sich in der Spezialprechstunde für Funktionelle Neurochirurgie in der neurochirurgischen Hochschulambulanz beraten und behandeln lassen. Für die Terminvereinbarung kontaktieren Sie uns unter
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Behandlungsspektrum
Die Funktionelle Neurochirurgie hat das Ziel, erkrankte Hirn- und Rückenmarksaktivität, wie sie zum Beispiel bei Bewegungsstörungen und chronischen Schmerzen auftritt, durch den Einsatz von Neuroimplantaten zu beeinflussen. Dies in einer Art und Weise, dass ausgefallene Funktionen wieder hergestellt werden.
Es gibt folgende Anwendungsgebiete:
Tiefe Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen
Bei Bewegungsstörungen, die medikamentös nicht oder nicht ausreichend behandelbar sind, kann in einigen Fällen die fehlerhafte Funktion des Nervensystems operativ durch tiefe Hirnstimulation wieder hergestellt werden. Hierbei werden feine Elektroden in das Gehirn eingesetzt, die Gehirnareale mit elektrischen Impulsen aktivieren oder ausschalten können, wenn sie krankmachend sind. Bei den Krankheitsbildern M. Parkinson, Dystonie und Tremor sind jeweils unterschiedliche Gehirnareale überaktiv, die durch die tiefe Hirnstimulation mit verschiedenen Zielgebieten beruhigt werden können. Eine zu hohe Muskelanspannung, wie beim Rigor oder einer Spastik, oder zu häufige Muskelbewegungen, wie beim Tremor, können so ausgeschaltet werden. Die Funktion der behandelten Hirnregionen bleibt hierbei erhalten und der Effekt der Stimulation kann jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Die Elektroden werden mit einem Impulsgeber, der am Bauch oder an der Brust des Patienten unter der Haut eingesetzt wird, und dessen Arbeit sich durch eine äußerliche Sonde verändern lässt, verbunden. Die Funktion der Elektroden ist somit später von außen, auch durch den Patienten selbst, steuerbar.
Die tiefe Hirnstimulation kann insbesondere erwogen werden bei Parkinsonpatienten, bei denen nach langjähriger Einnahme dopaminähnlicher Medikamente eine abnehmende Wirkung, große Wirkungsschwankungen oder starke Nebenwirkungen aufgetreten sind. Ebenso bei Patienten mit Dystonie oder Tremor, die auf Medikamente oder Botoxinjektion nicht oder nur wenig ansprechen.
Mittlerweile ist bekannt, dass auch bei neuropsychiatrischen Erkrankungen eine fehlerhafte Aktivität bestimmter Hirnregionen ursächlich sein kann. Bei schweren, medikamentös therapieresistenten Depressionen kann die tiefe Hirnstimulation als Behandlungsmöglichkeit bereits angeboten werden.
Rückenmarksstimulation zur Schmerztherapie
Die Rückenmarksstimulation ist ein sogenanntes neuromodulatives Verfahren zur Schmerztherapie. Hierbei wird eine feine Elektrode in den Rückenmarkskanal eingeführt. Diese gibt Impulse ab, welche die Schmerzleitung der Schmerzfasern hemmen. Ähnlich wie bei der tiefen Hirnstimulation wird die Elektrode mit einem Impulsgeber, der unter der Haut des Patienten liegt, verbunden, so dass die Behandlung später durch einen äußerlichen Sender verändert und den Bedürfnissen des Patienten angepasst werden kann. Das Einführen der Sonde kann in örtlicher Betäubung, d.h. ohne Vollnarkose, erfolgen. Die Schmerztherapie durch Rückenmarksstimulation kann Anwendung finden nach Verletzung von Nerven oder des Rückenmarkes, die sich nicht durch Medikamente oder eine Wiederherstellungsoperation behandeln lassen, daneben bei Plexusläsionen, Stumpf- oder Phantomschmerzen und bei behandlungsresistenten Schmerzen durch Durchblutungsstörungen bei Herzkrankheit (Angina Pectoris) und Gefäßkrankheit der Beine (PAVK).
Trigeminusneuralgie
Bei einschießenden Gesichtsschmerzen (Trigenimusneuralgie), die durch Medikamente nicht zu beherrschen sind, kann die Schmerzleitung durch Hitzebehandlung im Bereich einer zentralen Schaltstelle des Gesichtsnerven bei seinem Austritt aus der Schädelbasis dauerhaft und selektiv ausgeschaltet werden. Dies liegt daran, dass die schmerzleitenden Fasern des Nerven hitzeempfindlicher sind als andere Fasern, die zum Beispiel Berührungsreize leiten.
Es handelt sich um einen relativ kleinen operativen Eingriff, der in Kurznarkose erfolgt. Die Patienten können in der Regel am Folgetag der Behandlung nach Hause entlassen werden.
Vagusnervstimulation
Bei Patienten, die an Epilepsie leiden und auf antikonvulsive Medikamente unzureichend ansprechen, sowie für die ein epilepsiechirurgischer Eingriff am Gehirn nicht infrage kommt, kann die Anfallshäufigkeit durch Vagusstimulation gesenkt werden. Der Vagusnerv ist der zehnte Hirnnerv. Er verläuft im Bereich des Halses oberflächlich. Hier kann eine feine elektrische Sonde über einen kleinen Hautschnitt mit dem Nerven verbunden werden. die elektrische Stimulation des Nerven über die Sonde kann epileptische Anfälle unterdrücken. Auch hier wird die Sonde mit einem Impulsgeber verbunden, der unter der Haut des Patienten liegt.